So wird das Kochen leichter.
1926 kommt die junge, sozial engagierte, kommunistische Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky (1997-2000) in die Main-Metropole. Ihre Aufgabe: eine kompakte Standardküche zu entwickeln, die weit über 10.000 Mal in Sozialwohnungen eingebaut werden soll. Die bis ins letzte Detail durchdachte und abwaschbare Frankfurter Küche wird zur Mutter aller Einbauküchen.
Die Frankfurter Küche, 1926/27
Sie ist so praktisch wie ein industrieller Arbeitsplatz: Die Wege sind kurz, alle wichtigen Dinge mit einem Handgriff erreichbar. Das Bügelbrett ist ausklappbar, die Schränke sind mit Schiebetüren versehen, die Lebensmittel in Schütten angeordnet – alles lackiert in einem fliegenabweisenden Petrolton.
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1,87 Meter breit und 3,44 Meter lang – Das waren die Mindestmaße der FF Küche, die Schütte-Lihotzky 1926 entworfen hatte. Auf den nur sechseinhalb Quadratmetern fand jedoch die gesamte Grundausstattung einer Küche Platz: von Arbeitsutensilien über Lebensmittel sogar bis hin zum Bügeleisen. Viele Elemente der Küche sind daher beweglich und lassen sich nach Bedarf hervorziehen oder wieder zurückklappen. Und alles ist in Reichweite.
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Blaugrün oder petrol soll sie gewesen sein, die original FF Küche. Und das aus einem guten Grund: Diese Farbe würden Fliegen meiden, meinten zeitgenössische Wissenschaftler:innen. Verwendet wurde ursprünglich Ölfarbe, die vermutlich nach den zur selben Zeit entstandenen RAL-Farbtönen genormt war. RAL 6004 also war es, mit der die hölzernen Oberflächen der Küche gestrichen wurden.
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Zwei Becken nebeneinander? Was heute für die eine oder den anderen selbstverständlich ist, war bei der FF Küche eine Neuheit. Mit dem Doppelwaschbecken konnte man gleichzeitig Gemüse und Geschirr waschen. Die Neigung der Abtropffläche und ihre Längsrillen ließen das Wasser schneller ablaufen. Und auf der breiten Abtropffläche neben der Spüle konnte man das Geschirr einfach Lufttrocknen lassen.
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Ein leitendes Prinzip bei der Planung der FF Küche war die Bewegungsfreiheit. Die verglasten Oberschränke wurden mit Schiebetüren ausgestattet. Störende Türchen, die sich beim Öffnen wie ein Brett vor den Kopf legen, waren damit passé. Gleichzeitig achtete Schütte-Lihotzky darauf, dass keine Tisch- oder Stuhlbeine oder auch Sockel von Einbauschränken im Weg standen, gegen die man stoßen konnte.
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Die Arbeitsplatten der Küchenschränke bestanden ursprünglich aus schwarzem Linoleum. Manche waren ausziehbar und wurden als Schneid- oder Abstellbrett verwendet. Auch heute wird Linoleum für die Beschichtung von Arbeitsplatten verwendet, denn das Material ist antibakteriell, zieht keinen Staub an und man kann kleinere Oberflächenkratzer selbst reparieren.
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Charakteristisch für die FF Küche waren ihre ausziehbaren Aluminiumschütten. Darin konnte man fein säuberlich beschriftet verschiedene Lebensmittel aufbewahren: von Zucker über Grieß bis hin zu Erbsen oder Nudeln. Warum Schütten? Weils schneller ging. Denn davor wurden solche Lebensmittel oft in Schraubgläsern aufbewahrt, die heruntergeholt und aufgedreht werden mussten.
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Nein. Den gab es serienmäßig und als Standardobjekt in einer Küche erst später. In den Entstehungsjahren der FF Küche bestand der Kühlschrank noch aus einem gewöhnlichen Küchenschrank, der – wohl gemerkt – von außen belüftet war.
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Die FF Küche war standardmäßig mit einem Bügelbrett ausgestattet, und zwar mit dem typischen Bügelbrett zum Ausklappen. Es wurde neben dem Arbeitstisch an der Wand montiert. Damit ließen sich Pausen effektiv füllen, so die Idee: Wenn etwa das Essen im Topf köchelte, würde die “Hausfrau” so schnell und einfach zum Bügeleisen greifen können.
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Platzsparend und praktisch war sie, die FF Küche. Ein Beispiel ist der Arbeitstisch aus Buchenholz : Er ist unter dem Fenster platziert, um möglichst viel Licht zu erhalten und lässt sich bei einigen Modellen der Küche hochklappen, wenn er gerade nicht gebraucht wird. Auf dem unterm Tisch verstaubaren Hocker konnte die “Hausfrau” während des Gemüse Schneidens Platz nehmen.
DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Humboldt-Film GmbH (Berlin)
Spätere Feministinnen sind der praktischen Küche gegenüber kritisch: Hausarbeit sei hier reine Frauensache, die Arbeit zwar leichter, aber isolierter. Margarete Schütte-Lihotzky war aber bis zu ihrem Tod eine revolutionäre und feministisch denkende Architektin und wollte ganz und gar nicht auf ihren Küchenentwurf reduziert werden. Allein: Die männliche Kollegenschaft wies ihr lange diesen Platz zu.
Die FF Küche des FMH stammt aus einem sozialen Wohnblock in Frankfurt, der zum Abriss bestimmt war. Das Museum bekam diese 2001 im Rahmen der Ausstellung „Brennpunkt Küche“ geschenkt. Für die Ausstellung BLITZBLANK! wurde das Objekt 2023 restauriert und die fehlenden Elemente rekonstruiert. Im Rahmen des vom BMKÖS geförderten Projektes „Kulturerbe digital“ wurde zudem ein interaktives, online zugängliches Modell der Küche entwickelt, das hier allen Interessierten zur Verfügung steht.
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